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wenn die Schneelawinen von den Dächern herunterstürzten und in künstliche
Schneestürme zerstoben.
Die Häuser erschienen schwarz und die Fenster noch schwärzer, verglichen mit der
faltenlosen, weißen Schneedecke auf den Dächern und dem schmutzigeren Schnee auf
den Straßen. Dort war er von den schweren Rädern der Wagen und Karren in tiefe
Furchen gepflügt; Furchen, die sich hundert- und aberhundertmal kreuzten, wo eine
Straße abging, und die in dem dicken, gelben Schmutz und halberstarrten Wasser
labyrinthische Gerinnsel bildeten. Der Himmel war trübe, und selbst die kürzesten
Straßen schienen sich in einem dicken Nebel zu verlieren, dessen schwerere Teile in
einem rußigen Regen niederfielen, als hätten alle Essen von England sich auf einmal
entzündet und qualmten jetzt nach Herzenslust. Es war in der ganzen Umgebung nichts
Heiteres, und doch lag etwas in der Luft, was die klarste Sommerluft und die hellste
Sommersonne nicht hätten verbreiten können.
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Ein Weihnachtslied
Denn die Leute, die den Schnee von den Dächern schaufelten, waren lustig und
mutwilliger Laune. Sie riefen von den Dächern einander zu und wechselten dann und
wann einen Schneeball - ein Pfeil, der harmloser war als manches Wort - und lachten
herzlich, wenn er traf, und nicht minder herzlich, wenn er fehlging. Die Läden der
Geflügelhändler waren noch halb offen und die der Fruchthändler strahlten in heller
Freude. Da sah man - als wären es Westen lustiger alter Herren - große runde,
dickbäuchige Körbe mit Kastanien an den Türen lehnen oder in ihrem apoplektischen
Überfluß auf die Straße rollen. Da sah man braune, umfangreiche, spanische Zwiebeln, in
ihrer Fettigkeit spanischen Mönchen gleichend und mutwillig den Mädchen winkend, die
vorübergingen und verschämt nach dein Mistelzweig schielten. Da sah man Birnen und
Äpfel zu Pyramiden aufeinandergepackt: Trauben, die der Kaufmann in seiner
Gutmütigkeit recht augenfällig im Gewölbe hängen ließ, daß den Vorübergehenden der
Mund gratis wässerte, Haufen von Haselnüssen, bemoost und braun, mit ihrem frischen
Duft an vergangene Streifzüge im Wald durch das raschelnde, fußhohe, welke Laub
erinnernd, Norfolk-Biffins, fett und kraus, mit ihrer Bräune von den gelben Orangen
abstechend und gar dringlich bittend, daß man sie nach Hause trage und nach Tische
esse. Ja, selbst die Gold- und Silberfische, die in einem Glase mitten unter den erlesenen
Früchten standen, schienen zu wissen, daß etwas Besonderes los sei, obgleich sie von
einem dick- und kaltblütigen Geschlecht waren, und schwammen um ihre kleine Welt in
langsamer und leidenschaftsloser Bewegung.
Ach die Kolonialwarenläden! Fast geschlossen waren sie, vielleicht ein oder zwei Laden
vorgesetzt: aber welche Herrlichkeiten sah man durch diese Öffnungen! Nicht allein, daß
die Waagschalen mit fröhlichem Klingklang auf dem Ladentisch rumorten, oder daß der
Bindfaden so munter von seiner Rolle schnurrte, oder daß die Büchsen blitzschnell hin
und her fuhren wie durch Zauberei, oder daß der Mischgeruch von Kaffee und Tee der
Nase so wohl tat, nicht daß die Rosinen so wunderschön, die Mandeln so außerordentlich
weiß, die Zimtstengel so lang und gerade, die andern Gewürze so köstlich, die
eingemachten Früchte so dick mit geschmolzenem Zucker belegt waren, daß der kälteste
Zuschauer entzückt wurde; nicht allein, daß die Feigen so saftig und fleischig waren, oder
daß die Brignolen in bescheidener Koketterie in ihren verzierten Büchsen erröteten, oder
daß alles so gut zu essen oder so schön in seinem Weihnachtskleid war: das war es nicht
allein. Die Kaufenden waren auch alle so eifrig und eilig in der Vorfreude auf das Fest,
daß sie in der Türe gegeneinanderrannten, wie von Sinnen mit ihren Körben
zusammenstießen und ihre Einkäufe vergaßen und wieder zurückliefen, um sie zu holen,
und tausend ähnliche Irrtümer in der bestmöglichen Laune begingen, während der
Kaufmann und seine Leute so frisch und froh waren, daß die blanken Herzen, die ihre
Schürzen hinten zusammenhielten, ihre eigenen hätten sein können.
Aber bald riefen die Glocken nach den Kirchen und den Kapellen, und die Leute gingen in
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Ein Weihnachtslied
ihren besten Kleidern und ihren feiertäglichsten Gesichtern durch die Straßen. Und zu
derselben Zeit strömten aus den Nebenstraßen und Gäßchen und namenlosen Winkeln
zahllose Leute, die ihr Mittagessen in die Backstuben trugen. Der Anblick dieser Armen
und doch so Glücklichen schien des Geistes Teilnahme am meisten zu erregen, denn er
blieb mit Scrooge neben eines Bäckers Tür stehen, und während er die Deckel von den
Schüsseln nahm, als die Träger vorübergingen, bestreute er ihr Mahl mit Weihrauch
seiner Fackel. Und es war eine gar wunderbare Fackel, denn ein paarmal, als einige von
den Leuten zusammengerannt waren und darüber heftige Worte fielen, besprengte er sie
mit etlichen Tropfen Tau daraus, und ihre gute Laune war augenblicklich
wiederhergestellt. Denn sie sagten, es sei eine Schande, sich am Weihnachtstag zu
zanken.
Jetzt schwiegen die Glocken, und die Läden der Bäcker wurden geschlossen: und doch
schwebte noch ein Schatten von allen diesen Mittagessen und dem Fortgang ihrer
Zubereitung in dem getauten, nassen Fleck über jedem Ofen; und vor ihnen rauchte das
Pflaster, als kochten selbst die Steine.
»Ist eine besondere Kraft in dem, was deine Fackel ausstreut?« fragte Scrooge.
»Ja. Meine eigene.«
»Und wirkt sie auf jedes Mittagsmahl an diesem Tag?« fragte Scrooge.
»Auf jedes, sofern es gern gegeben wird. Auf ein ärmliches am meisten.«
»Warum auf ein ärmliches am meisten?«
»Weil das meiner Kraft am meisten bedarf«
»Geist«, sagte Scrooge nach kurzem Nachdenken, »mich wundert's, daß du von allen
Wesen auf den vielen Welten um uns herum wünschen solltest, diesen Leuten die
Gelegenheit eines unschuldigen Genusses zu rauben.«
»Ich?« rief der Geist.
»Du willst ihnen die Mittel nehmen, jeden siebten Tag zu Mittag zu essen, und doch ist
das der einzige Tag, wo sie überhaupt zu Mittag essen können«, sagte Scrooge.
»Ich?« rief der Geist.
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Ein Weihnachtslied
»Du willst doch Backstuben und ähnliche Plätze am siebten Tag geschlossen halten - das
kommt doch auf dasselbe heraus.«
»Ich?« rief der Geist.
»Verzeih mir, wenn ich unrecht habe. Es ist in deinem Namen geschehen oder
wenigstens in dem deiner Familie«, sprach Scrooge.
»Es gibt Menschen auf Eurer Erde«, entgegnete der Geist, die uns kennen wollen und die
ihre Taten des Stolzes, der Mißgunst, des Hasses, des Neides, des Fanatismus und der
Selbstsucht in unserm Namen tun; die uns in allem, was zu uns gehört, so fremd sind, als
hätten sie nie gelebt. Bedenke dies und schreibe ihre Taten ihnen selbst zu und nicht
uns.«
Scrooge versprach es, und sie gingen weiter in die Vorstadt, unsichtbar wie bisher. Es
war eine wunderbare Eigenschaft des Geistes (Scrooge hatte sie bei dem Bäcker
bemerkt), daß er, bei seiner riesenhaften Gestalt, doch überall leicht Platz fand, und daß
er unter einem niedrigen Dach ebenso schön und gleich einem übernatürlichen Wesen
dastand, wie in einem geräumigen, hohen Saal.
Vielleicht war es die Freude, die der gute Geist darin fühlte, diese Macht zu zeigen,
vielleicht auch seine warmherzige, freundliche Natur und seine Teilnahme mit allen
Armen, was ihn gerade zu Scrooges Kommis führte: denn er ging wirklich hin und nahm
Scrooge mit, der sich an seinem Gewand festhielt. Auf der Schwelle stand der Geist
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